In der Frittatensuppe feiert die Provinz ihre Triumphe
Brandstätter Verlag
In der Frittatensuppe feiert die Provinz ihre Triumphe.
Thomas Bernhard. Eine kulinarische Spurensuche.
Ob an Brandteigkrapfen gewürgt wird oder es um den Fettgehalt der Frittatensuppe geht, Thomas Bernhard ließ in fast allen seinen Werken die Menschen ausgiebig speisen und offenbarte dabei zerfleischende Zustände. Er selbst war ein regelmäßiger Besucher von Wirtshäusern und den Wiener Kaffeehäusern. In diesem Buch begibt sich Harald Schmidt auf einen Roadtrip quer durch Bernhards Lieblingsgasthäuser und nähert sich ihm zusammen mit vielen hochkarätigen Autor:innen und Wegbegleiter:innen über den Esstisch hinweg - ein überraschender und lustvoller Blick auf das Wesen und das Werk des großen Schriftstellers und Provokateurs Thomas Bernhard.
Mit Beiträgen von Margarete Affenzeller, Vincent Klink, Christopher Mavric, Claus Peymann, Alexander Rabl, David Schalko, Stefan Schlögl, Katharina Seiser und Willi Winkler.
Seitenzahl: 176
Buchrezension
In „In der Frittatensuppe feiert die Provinz ihre Triumphe“ versammelt Harald Schmidt als Herausgeber wundervolle Beiträge von namhaften Autor:innen, die sowohl die Werke und Person Thomas Bernhards, als auch die österreichische Ess- und Wirtshauskultur mit den dazugehörigen Speisen genau beleuchten.
Die mit reichlich Fotomaterial unterstrichenen Beiträge stammen aus den Federn von Maria Affenzeller, Vincent Klink, Christopher Mavrič, Claus Peymann, Alexander Rabl, David Schalko, Katharina Seiser, Stefan Schlögl und Willi Winkler.
Nicht umsonst heißt es „beim Essen kommen die Leute z‘ammen“. Es wird genussvoll gespeist, mit Ekel hinuntergewürgt, diskutiert, geschwiegen, beobachtet, gelacht und auch gelitten. Dieser emotionale Akt am Esstisch zieht sich durch die Werke von Thomas Bernhard.
Maria Affenzeller gewährt gute Einblicke, wie Essen und die dazugehörigen Rituale in Bernhards Werken gesellschaftliche Zusammenhänge und Beziehungen zwischen den Protagonist:innen widerspiegeln; von der berühmten Brandteigkrapfen-Szene in „Ritter, Dene und Voss“ zur Nazisuppe in „Deutscher Mittagstisch“.
Wer richtig Lust auf einen Wirtshaus- oder Kaffehausbesuch bekommen möchte, sollte sich die Beiträge von Vincent Klink, Harald Schmidt und Katharina Seiser zu Gemüte führen. Harald Schmidt besucht noch einmal die wichtigsten Kulinarikeinrichtungen in Oberösterreich, die auch Thomas Bernhard regelmäßig aufsuchte und gibt sich den Speisen und Erzählungen der Wirtsleute hin. Besonders im Kopf geblieben ist mir dabei die liebevolle Hommage an die „Wirtshausbeng“ von Katharina Seiser.
Wer bis jetzt noch nicht vor einem dampfenden Teller Platz genommen hat, bekommt spätestens bei Alexander Rabl Hunger. Mit Witz und kulturgeschichtlichem Hintergrund stellt er beliebte österreichische Speisen vor, von Fogosch über Essigwurst bis zu dem eigentlichen Nationalgericht der Österreicher:innen – dem Brat’l.
Das Interview mit Claus Peymann liest sich schnell, denn als Freund gibt er persönliche Einblick in die unzähligen Abendessen mit Bernhard.
Ein Buch für alle Thomas Bernhard-Liebhaber:innen und die, die es noch werden wollen. Es ist kein Kochbuch im herkömmlichen Sinne, viel mehr ist es eine Betrachtung von Leben und Werk Bernhards durch die Brille der Kulinarik — und Appetit macht diese bestimmt. Wer nun Lust hat sich den deftigen Speisen hinzugeben, sucht entweder das nächste Wirtshaus auf oder probiert eines der Rezepte von Hedi Klinger aus, deren ausgezogener Apfelstrudel genau dem meiner Innviertler Oma entspricht.